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Reputation

15. Sep­tem­ber 2021

Landläufiges Verständnis von Reputation

Der Begriff Repu­ta­ti­on meint auf Deutsch den “Ruf, Anse­hen” (Brock­haus) oder die kom­mu­ni­zier­te Form der Wert­schät­zung von jeman­dem oder von etwas. In die­sem Sin­ne besagt er das, was die Öffent­lich­keit oder eine sozia­le Grup­pe über das Unter­neh­men, eine Per­son, ein Pro­dukt oder ande­res sagt. Es han­delt sich folg­lich um eine zusam­men­fas­sen­de Ein­schät­zung und Beur­tei­lung von dem, was man über eine Per­son, oder über eine er über eine Sache denkt oder sagt (zum Bei­spiel: „Das Unter­neh­men hat in der Schweiz einen schlechten/guten Ruf.“). Im Gespräch ist man denn auch meist gehal­ten, die­se Ein­schät­zung zu begrün­den / zu kon­kre­ti­sie­ren. Dies geschieht, indem man kon­kre­te Hand­lun­gen oder Ver­hal­ten lobt (kor­rekt gegen­über den Mit­ar­bei­tern, die Qua­li­tät von Pro­duk­ten oder Dienst­lei­stun­gen erwähnt oder die Ein­schät­zung mit Ein­stel­lungs­kom­po­nen­ten wie ver­trau­ens­wür­dig, glaub­wür­dig, Repu­ta­ti­on ist in die­sem Sin­ne ein Kon­strukt, ein Platz­hal­ter für all das, was über etwas oder jeman­den gesagt wird.

Reputation als verdichtete Pauschalbewertung sämtlicher Bezugsgruppen

Wäh­rend ver­schie­de­ne Autoren im Hin­blick auf ziel­grup­pen­ori­en­tier­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gien zwi­schen Repu­ta­ti­on unter­schied­li­cher Bezugs­grup­pen unter­schei­den, ver­ste­hen Fom­brun und Wied­man Repu­ta­ti­on als ein Pau­schal­ur­teil sämt­li­cher rele­van­ter Bezugs­grup­pen, wel­ches mit dem Repu­ta­ti­ons­quo­ti­en­ten erfasst wird. So ist die Unter­neh­mens­re­pu­ta­ti­on

„die Sum­me der Wahr­neh­mun­gen aller rele­van­ten Stake­hol­der hin­sicht­lich der Lei­stun­gen, Pro­duk­te, Ser­vices, Per­so­nen etc. eines Unter­neh­mens und der sich hier­aus jeweils erge­ben­den Ach­tung vor die­sem Unter­neh­men.“ (Fombrun/Wiedmann, 2001, S. 3)

Nie­der­häu­ser und Rosen­ber­ger (2017) ergän­zen die­se Defi­ni­ti­on mit einem durch Kom­mu­ni­ka­ti­on erziel­ten Kon­sens. So bezeich­nen sie Repu­ta­ti­on als in der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­are­na ver­han­del­te Bewer­tung eines Unter­neh­mens hin­sicht­lich Kom­pe­tenz, Inte­gri­tät und Sym­pa­thie.

Reputation, Vertrauen und Erwartungen

Die Ein­stel­lung­kom­pen­en­te Ver­trau­en ist eine zen­tra­le repu­ta­ti­ons­kon­sti­tu­ie­ren­de Grös­se. Zuwei­len wird Ver­trau­en auch mit Repu­ta­ti­on gleich­ge­setzt. Nach Nie­der­häu­ser und Rosen­ber­ger (2017) setzt Repu­ta­ti­on als “Ruf der Ver­trau­ens­wür­dig­keit” Ver­trau­en vor­aus und för­dert gleich­zei­tig Ver­trau­en. Ver­trau­en wird geschaf­fen, indem die Erwar­tun­gen wich­ti­ger Bezugs­grup­pen zuver­läs­sig erfüllt wer­den. Die Erwar­tun­gen bezie­hen sich auf die Erfül­lung des Lei­stungs­auf­trags (funk­tio­na­le Repu­ta­ti­on, Kri­te­ri­um: Kom­pe­tenz), auf das Berück­sich­ti­gen von gesell­schaft­li­chen Nor­men und Wer­ten (sozia­le Repu­ta­ti­on, Kri­te­ri­um: Inte­gri­tät) und die Attrak­ti­vi­tät (expres­si­ve Repu­ta­ti­on, Kri­te­ri­um: Sym­pa­thie). Images und Repu­ta­ti­on las­sen sich von Unter­neh­men nur über eige­nes Han­deln und ent­spre­chen­des Kom­mu­ni­zie­ren beeinflussen”.

Reputation und Einstellungskomponenten

“Der Ruf, oder die Repu­ta­ti­on eines Unter­neh­mens ist weder beob­acht­bar noch direkt mess­bar. Dem­entspre­chend groß ist die Viel­zahl an Defi­ni­tio­nen in der Lite­ra­tur (Schwai­ger et al. (2011), S. 5). Frü­he­re Defi­ni­tio­nen fal­len vor allem durch die ein­di­men­sio­na­le Beschrei­bung der Repu­ta­ti­on auf. Fom­brun (2001) beschreibt die Repu­ta­ti­on in einem Modell, wel­ches aus den Kom­po­nen­ten Glaub­haf­tig­keit, Ver­trau­ens­wür­dig­keit, Ver­läss­lich­keit und Ver­ant­wor­tung besteht und kon­zen­triert sich dabei vor allem auf die Gefühls­ebe­ne (Fom­brun (2001), S. 72). Kogni­ti­ve Ele­men­te, die mit dem Ver­stand erfasst wer­den, wie z.B. die wirt­schaft­li­che Stär­ke oder die Füh­rung des Unter­neh­mens, blei­ben dabei unbe­rück­sich­tigt. Eine gegen­sätz­li­che Ansicht ver­tre­ten hin­ge­gen Gray und Bal­mer (1998), wel­che die Repu­ta­ti­on als eine Beur­tei­lung der
unter­neh­me­ri­schen Lei­stun­gen durch die Stake­hol­der ver­ste­hen und damit aus­schließ­lich kogni­ti­ve Ele­men­te ein­be­zie­hen (Gray und Bal­mer (1998), S. 196). Hall (1992) ver­bin­det als erster bei­de Sicht­wei­sen, indem er sowohl Emo­tio­nen als auch das ratio­na­le Erfah­ren, das Wis­sen, als Kom­po­nen­ten der Repu­ta­ti­on beschreibt (Hall (1992), 138). Er ver­tritt dabei die Annah­me, dass Repu­ta­ti­on ein „ein­stel­lungs­ähn­li­ches Kon­strukt“ (Schwai­ger und Rai­thel (2014), S. 230) ist und somit sowohl über eine affek­ti­ve als auch über eine kogni­ti­ve Kom­po­nen­te ver­fü­gen muss. Die­ser Defi­ni­tio­nen fol­gen mitt­ler­wei­le Autoren von einer Viel­zahl an Stu­di­en, die sowohl die affek­ti­ve als auch die kogni­ti­ve Dimen­si­on in der Bil­dung der Repu­ta­ti­on nach­wei­sen konn­ten und in ihre Arbeit ein­be­zie­hen (z.B. Helm (2005), S. 103; Sar­stedt und Schlo­de­rer (2010), S. 285; Schwai­ger (2004), S.64; Schwai­ger und Zhang (2009), S. 4; Walsh und Beat­ty (2007), S. 139; Walsh et al. (2009), S. 195). Auch Fom­brun (2001) hat in sei­nen spä­te­ren Arbei­ten kogni­ti­ve, ratio­na­le Aspek­te, wie die Qua­li­tät des Manage­ments, der Pro­duk­te oder die wirt­schaft­li­che Lei­stung (Per­for­mance) auf­ge­nom­men (z.B. Fom­brun
(2001), S. 24). Auf­grund die­ser Erkennt­nis­se wird in die­ser Arbeit die Defi­ni­ti­on der Repu­ta­ti­on von Hall (1992) ver­folgt.” (End­res, 2018, S. 38–87)

Reputation und Image

Wie die Repu­ta­ti­on bezieht sich das Image auf Kogni­tio­nen (Ein­stel­lungs­kom­po­nen­ten) wie Wahr­neh­mun­gen, Ein­stel­lun­gen, Kennt­nis­se, Erfah­run­gen, Auf­fas­sun­gen, Glau­ben, Erwar­tun­gen und Gefüh­len bezüg­lich eines Unter­neh­mens. Es han­delt sich um Ver­dich­tun­gen ver­schie­den­ster Ein­stel­lungs­kom­po­nen­ten und Hal­tun­gen in einem Werturteil.

In der Lite­ra­tur bezieht man Image meist auf ein­zel­ne Bezugs­grup­pen. So kann man Repu­ta­ti­on (im Sin­ne einer umfas­sen­den Grös­se) auch mit einem Bil­der­buch ver­gli­chen, im Gegen­satz zum Image, das ein Bild dar­stellt. In die­sem Sin­ne ver­ste­hen Nie­der­häu­ser und Rosen­berg (2017) Images als Basis für den Reputationsaufbau. 

Reputation als “weicher” Unternehmenswert und wertorientierte Kommunikation

Der Begriff Repu­ta­ti­on hat in den Dis­kur­sen um die gesell­schafts­ori­en­tier­te Unter­neh­mens­kom­mu­ni­ka­ti­on als “imma­te­ri­el­les Gut” eine zen­tra­le Bedeu­tung. Ein guter Ruf schafft nicht nur Akzep­tanz und “good­will”, also gute Vor­aus­set­zun­gen (Prä­dis­po­si­tio­nen) für wohl­wol­len­des Ver­hal­ten und Ver­hal­ten von Bezugs­grup­pen. Die gesell­schafts­ori­en­tier­te Unter­neh­mens ist ein zen­tra­les Instru­ment zur Erhal­tung und För­de­rung der Repu­ta­ti­on des Unternehmens. 

Das Instru­ment zur Erhal­tung oder Ver­bes­se­rung der Repu­ta­ti­on ist die Kom­mu­ni­ka­ti­on des Unter­neh­mens nach Aussen.

Offen bleibt hier die Frage, 

  • ob Repu­ta­ti­on als “wei­cher Wert” per se ein Pri­mär­ziel eines Unter­neh­mens dar­stellt, oder
  • ob Repu­ta­ti­on einen Unter­neh­mens­wert dar­stellt, weil man davon aus­ge­hen kann, dass sich Ein­stel­lun­gen und Hal­tun­gen gegen­über dem Unter­neh­men auf das Ver­hal­ten und Han­delns von Bezugs­grup­pen aus­wir­ken (Ein Repu­ta­ti­ons­scha­den führt dazu, dass der Akti­en­wert sinkt, dass der Ver­kauf sinkt, das ein­schrän­ken­de Geset­ze und Ver­ord­nun­gen ent­ste­hen, oder sich Boy­kot­te gegen das Unter­neh­men rich­ten usw.).

Inter­es­sant ist in die­sem Zusam­men­hang das in einem Modell fest­ge­hal­te­ne For­schungs­er­geb­nis, das Zusam­men­hän­ge zwi­schen Repu­ta­ti­on und Ver­hal­ten von Bezugs­grup­pen feststellt:


Viel­fach unter­such­te Zusam­men­hän­ge zwi­schen Repu­ta­ti­on und der Kauf­be­reit­schaft sowie der Bereit­schaft pri­va­te Daten preis­zu­ge­ben (End­res, 2018, S. 43)

Reputation, Unternehmensziele und Krise

Repu­ta­ti­on ist in den kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaft­li­chen Dis­kus­sio­nen um Kri­sen eine zen­tra­le Rol­le. Eine gute Repu­ta­ti­on hilft einer Orga­ni­sa­ti­on, wett­be­werbs­fä­hig zu blei­ben und ihre Zie­le zu errei­chen, und stärkt die Bezie­hun­gen zu den Anspruchs­grup­pen. (Wat­son, 2007) Aus die­ser Sicht kann man eine Unter­neh­mens­kri­se als einen Zustand bezeich­nen, in wel­chem die Repu­ta­ti­on des Unter­neh­mens gefähr­det ist. Man spricht hier von Reputationskrise.

Reputationsanalyse und Reputationskoeffient (siehe Analyse der Reputation)

Erfasst wird die Repu­ta­ti­on in der empi­ri­schen Sozi­al­for­schung unter ande­rem mit der Repu­ta­ti­ons­ana­ly­se nach Fon­brun (sie­he Ana­ly­se der Repu­ta­ti­on). Damit wird der Begriff auch kon­kre­ti­siert durch die Erfas­sung von sechs Dimen­sio­nen. Die Wahr­neh­mung die­ser wird bei den ver­schie­den­sten Stake­hol­der-Grup­pen erfasst. Das Gesamt­ergeb­nis wird in einem Repu­ta­ti­ons­ko­ef­fi­zi­en­ten erfasst (sie­he Reputationsanalyse).

Im Gegen­satz dazu wird das Image mit dem seman­ti­schen Dif­fe­ren­zi­al über Befra­gun­gen erfasst. 

Nach Fom­brun sind ver­schie­den­ste Model­le zur Erfas­sung von Repu­ta­ti­on ent­wickelt wor­den. End­res (2018, S. 45) hält die­se in einer Tabel­le fest:

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