21. September 2022
Als Fehlverhalten bezeichnet man ein Verhalten, das einer allgemein anerkannten Norm widerspricht, also gemeinhin als falsch oder schlecht beurteilt wird. Im Kontext sind die meisten, insbesondere die intern verursachten Krisen auf Fehlverhalten zurückzuführen (siehe Krisenauslöser).
Fehlverhalten als Normbruch
Dabei kann es sich um einen Normbruch gegen ethisch-moralische, rechtliche, ökologische, wirtschaftliche, technische oder auch sozial-kommunikative Grundsätze und Regeln handeln (Baeriswyl, 2018, S. 67):
- Wirtschaftliches Fehlverhalten betrifft Handlungen gegen wirtschaftliche Grundsätze und Gesetze auf Managementebene wie Fehleinschätzungen von Risiken, strategische Fehlplanungen, fehlendes Controlling usw. (Beispiel: Nokia)
- Technisches Fehlverhalten verstösst gegen technische Richtlinien, Normen, Gebrauchs- und Konstruktionsanleitungen wie die unsachgemässe Bedienung von Maschinen und Geräten. Die Folgen sind Fehlkonstruktionen, Produktmängel und Produktfehler. (Beispiel Deepwater Horizon)
- Rechtliches Fehlverhalten sind Verstösse gegen die Verfassung, Gesetze und Verordnungen. Massstab ist hier das gesetzte Recht. (Beispiel Cyberangriff auf Swatch)
- Ethisch-moralisches Fehlverhalten betrifft Verstösse gegen kulturelle und soziale Werte, Normen, Sitten und Gebräuche. Viele davon sind in den nationalen und internationalen Gesetzen verankert. (Beispiele: “Be less White”-Shitstorm gegen Coca-Cola, Mammut: Unterschrift löst Shitstorm aus)
- Ökologisches Fehlverhalten verstösst gegen die Gesetze der natürlichen Umwelt (Umweltverschmutzung, Destabilisierung der Natur, unverhältnismässiger Abbau von Rohstoffen).
- sozial-kommunikative Fehlhandlungen des Unternehmens. (Beispiel für Krisenauslöser: Adidas — Boston Marathon; Beispiel eines Krisenverstärker: Fall Hoechst)
Absicht und Interesse von Fehlhandlungen
Einen entscheidenden Einfluss auf den Verlauf der Krise auf medialer Ebene mit Reaktionen auf politisch-rechtlicher Verhaltensebene hat der Umstand, ob eine Fehlhandlung unbewusst/fahrlässig oder bewusst/absichtlich gemacht worden ist. Des Weiteren spielt es eine Rolle, ob das Fehlverhalten auf das Interesse des Unternehmens oder auf ein persönliches Eigeninteresse zurückzuführen ist. Relevant für den Krisenverlauf ist ebenfalls die Frage, ob das Fehlverhalten dem Management, einem Mitarbeiter (interne Krisenursache nach Reineke) oder einer externen Person(engruppe) (externe Krisenursache nach Reineke) zugeschrieben wird.
Fehlverhalten als Krisenursachen
Die meisten internen Krisen (nach Reineke) lassen sich gemäss einer Untersuchung von Hauschildt et al. (2006, S. 6) auf Fehlverhalten von Management und Mitarbeiterschaft zurückführen (siehe Krisenauslöser). Dabei handelt es sich in erster Linie (ca. ein Drittel) um Missmanagement. Aber auch offensichtlich externe Krisen (nach Reineke) hängen oft mit Fehlverhalten zusammen:
“So verleiten strukturelle Krisen, verbunden mit zunehmendem Erfolgsdruck auf das Management, zu spekulativen Geschäften oder ethisch fragwürdigen (Mitarbeiterentlassung zur Gewinnmaximierung) oder gar widerrechtlichen Fehlhandlungen wie die Manipulation von Produkten. Bekannte Beispiele sind der VW-Dieselabgasskandal sowie die UBS-Krise in den Jahren 2007 und 2008. Im Unterschied zu den altbekannten Krisenauslösern führen hier nicht Fahrlässigkeit oder fehlende Erfahrung zum Problem, sondern bewusstes unethisches, meist widerrechtliches Verhalten von Ingenieuren oder Managern. Diese gehen bewusst riskante Geschäfte ein in der Hoffnung auf Erfolg und in der Erwartung, dass das Fehlverhalten nicht ans Tageslicht kommt.” (Baeriswyl, 2018, S. 69)
Fehlverhalten und Skandal/Skandalisierung
Wird das Fehlverhalten mit dem Verursacher in der öffentlichen Diskussion oder Berichterstattung akzentuiert, spricht man von einem Skandal (siehe auch Framing). So etwa bei Kapitän Schettino, der im Falle des Unglücks der Costa Concordia in rechtlicher und moralischer Hinsicht verantwortlich gemacht wird.
Quellen
- Rütti, N. (26. September 2022). Wenn der Chef die Bodenhaftung verliert. Neue Zürcher Zeitung. Abgerufen am 25. September 2022 von https://www.nzz.ch/wirtschaft/skandale-bei-vw-und-credit-suisse-rolle-der-kommunikation-ld.1698515